Joe Bonamassa in München

Bluesrockgewitter bei Dauerregen

München, 20. Mai. Bei diesem Klanggewitter mussten nach jedem Stück die Gitarren des Protagonisten gewechselt werden: von Stratocaster bis Les Paul war alles geboten! Virtuosität ist kaum ein Ausdruck für das, was sich einem begeisterten Publikum in der Olympiahalle an diesen verregneten Maiabend darbot. Klassischer Blues a la Muddy Waters(„Tiger in your Tank“) oder Willie Dixon („I can´t quit you“), Souliges („Evil Mama“), oder dann Heavy Metal a la Jimmy Page, zuletzt als Zugabe dann auch gezupft- gerissene Saitenspielereien im Sinne eines Al die Meola bzw. Paco de Lucia! Dazwischen meint man passagenweise David Gilmour und einer seiner lyrischen Höhenflüge zu hören! – Wenn da nicht immer auch diese professionelle aber sehr massive Klangwand aus mit der Gitarre dialogisierendem Bass (Routinier Michael Rhodes), energetischem Schlagzeug (Anton Fig) und schrillen Keyboards (Nashville- Urgestein Reese Wynans) wäre, die all zu viel Lyrisches meist an Lautstärke übertönt. So gehen Background Sängerinnen und großartiges Bläserensemble – bisweilen auch Bonamassas eigene durchaus hörenswerte Stimme leider mit einigen Ausnahmen vergleichsweise etwas unter. Dennoch – die Bandbreite seiner Bluesrockdarbietungen ist enorm. Und die Reihe der Musiker mit denen er schon zusammengearbeitet hat ist Legende, begann doch er einst mit B.B. King  zu musizieren, spielte in seiner ersten Band mit dem Sohn des Allman-Brothers Bassisten, dem von  Miles Davis, oder von Robbie Krieger, Clapton reihte sich später ein und zuletzt waren es Jason Bonham und Glenn Hughes (Black Country Communion). Freilich droht bei der Palette aller technischen Möglichkeiten auch manchmal ein wenig die Frage aufzukommen, wo die eigene Authentizität dann bleibt, wenn man mal nach klassischen Blues, mal nach Led Zeppelin oder mal nach – tja nach wem auch immer- zu klingen vermag, sich also das Repertoire aus schier unzähligen Quellen zu speisen scheint. Und der Organist spielt dann irgendwann einfach das Intro von „Locomotive Breath“ – was dann kommentarlos fallen gelassen wird um wieder loszuhämmern. Im Gepäck der Tournee 2019 nun das neue Studioalbum „Redemption“, seit seinem ersten Golderfolg 2012 für die Aufnahme des Konzerts in der Royal Albert Hall ein weiterer Meilenstein der enormen Produktivität Bonamassas. Zweifellos, er sieht nicht unbedingt aus wie ein Rockstar, in seinem blauen Anzug mit Sonnenbrille – eher wie ein junger Anwalt aus einem Grisham Roman, der sich wieder einmal für die Rechte der Unterprivilegierten einsetzt, von denen der Blues oft handelt. Aber er weiß zu begeistern – vor allem wird dies deutlich als die Leute in der Arena irgendwann einfach von ihren geordneten Sitzreihen aufstehen und nach vorne vor die Bühne stürmen: Plötzlich gewinnt das Konzert nochmals an Attraktivität und Bühnenpräsenz!

Als Jimi Hendrix einst gefragt wurde, wie man sich so als bester Gitarrist der Welt eigentlich fühle, soll er geantwortet haben: „Keine Ahnung, fragen sie Rory Gallagher…!“ Eben jener wiederum galt als Vorbild des heute erst 42 jährigen Bonamassa, der viele Jahre lang seine Konzerte als Hommage an Gallagher mit dessen „Cradle Rock“ begann. Nun sind Superlative ebenso wie Vergleiche immer etwas gewagt, weil sie natürlich nie ganz passen. Doch während einem in den 50er, 60er oder 7oer Jahren gleich haufenweise Spitzengitarristen der Blues- oder Rockszene einfallen, muss man heute schon lange überlegen, wer sich, abgesehen von den meist schon verstorbenen Altstars, mit Joe Bonamassa messen könnte.

Stephan Fritz

Justyna Autor