Ehrenhain ein Ort der Mahnung und Erinnerung

Gedenkakt anlässlich des Ehrenhains – ein Ort der Mahnung und Erinnerung

Der Ehrenhain ist auf dem Friedhof am Perlacher Forst neu gestaltet worden und soll an 3996 Opfer von NS-Verbrechen erinnern. Es handelt sich um ein gemeinsames deutsch-polnisches Projekt, mitfinanziert durch das Ministerium für Kultur und nationales Erbe (polnisch Ministerstwo Kultury i Dziedzictwa Narodowego, abgekürzt MKiDN) und die Stiftung Bayerischer Gedenkstätten.

„Ich komme aus Danzig“, betonte der polnische Kulturstaatssekretär Jaroslaw Sellin, der speziell zu diesem Festakt, der neu geschaffenen KZ-Gedenkstätte angereist ist. Bisher nahm ich am 1. September immer an den Gedenkfeiern auf der Westerplatte teil, dem Ort, an dem mit dem deutschen Angriff vor 82 Jahren der Zweite Weltkrieg begann. „Heute bin ich hier“. In seiner Rede betonte der Polnische Kulturminister Jaroslaw Sellin beim Festakt wie wichtig der Ort für die polnische Erinnerungskultur ist und fügte hinzu die Gedenkstätte sei „ein sehr wichtiges Zeugnis polnischer Geschichte“.

„Die große Anzahl vieler unschuldiger Opfer ist erdrückend. Sie lähmt und macht betroffen. Gibt uns aber nur einen scheinbaren Eindruck von der Dimension der NS-Verbrechen. Das Individuum bleibt dahinter unscharf. Es bleibt die Frage: wer waren diese Männer?“ fragte Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und Vizepräsident des Landtags, in seiner Eröffnungsrede.

Der Ehrenhain ist ein Erinnerungsort und ein Ort der Aufarbeitungsarbeit. Mehr als 82 Jahren nach Kriegsende sollen die Opfer jetzt ein Gesicht bekommen statt Nummern Namen. Für die Nationalsozialisten war der Mensch oft eine wertlose Nummer ohne Namen. Diese Menschen sollten ihre Identität für immer verlieren und vergessen werden. „Nach der Ankunft im KZ-Dachau wurde dem Häftling sein Name, seine Kleidung, seine persönlichen Gegenstände und sein Recht auf menschenwürdige Behandlung entzogen.“

Unter 44 Grabplatten befinden sich die Urnen der 3.996 KZ-Opfer und der „Euthanasie“-Opfer, die man in einem anonymen Grab verstecken wollte. 3.996 von ihnen sind namentlich bekannt. In den Urnen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Krematorium des Münchener Ostfriedhofes gefunden wurden befindet sich die Asche von mehr als 3.000 Gefangenen des KZ Dachau. Heute tragen zwölf Glastafeln die Namen der Opfer, die in den Jahren 1933 bis 1942 im Konzentrationslager starben oder im Rahmen der sogenannten Aktion 14f13 in die Tötungsanstalt Hartheim überstellt und dort ermordet wurden.

Das jüngste deutsche Opfer Josef Konrad Schleich aus Mühldorf am Inn war erst sechs Jahre alt und noch ein Kind als er in der Gaskammer wegen seiner Behinderung ermordet wurde und aus dem Leben scheiden musste.

Solche Menschen wurden als wertloses Leben bezeichnet und die Nationalsozialisten beanspruchten für sich die Macht zu haben zu entscheiden wer leben und wer sterben sollte.

„Diesen Menschen heute – am 1. September 2021, an dem Tag, an dem sich der deutsche Überfall auf Polen und der Beginn des Zweiten Weltkriegs zum 82. Mal jährt – ihre Namen wiedergeben zu können, ist mir eine große Ehre und Verpflichtung. Damit wird dieser Ehrenhain zu einem neuen Erinnerungsort“ erklärte Direktor Freller.

Nach dem Direktor Freller sprach der polnische Staatssekretär Jaroslaw Sellin, der erinnerte an die deutsche Bestatzung in Polen.

Die deutsche Besatzung Polens kostete das Leben von Millionen polnischer Staatsbürger und war das tragischste Kapitel in der Geschichte des Landes. Polen waren total den Besatzern und ihrer Willkür ausgeliefert. Infolge des Zweiten Weltkriegs verlor Polen rund 76 000 Quadratkilometer Land zu Gunsten der Sowjet Union und etwa 10 Millionen Einwohner.

„Das Schicksal der in deutschen Konzentrationslagern inhaftierten Polen bleibt für immer im polnischen Gedächtnis verankert, betonte der Staatsminister Sellin, auch in Bezug auf dem Schicksal der Gefangenen, die die Befreiung und das Ende des II Weltkrieges leider nicht mehr erleben konnten. Einer der Orte, an denen polnische Bürger in großer Zahl starben, war das Lager in Dachau, in dem die Polen die größte Gruppe der Häftlinge stellten. Der Friedhof Perlacher Forst ist eine der wichtigsten Ruhestätten polnischer Bürger, die Opfer des Zweiten Weltkriegs in Deutschland waren. Genau 2009 Polen, die im Konzentrationslager Dachau ermordet wurden, sind hier begraben. Unter ihnen sind Vertreter aller Schichten der polnischen Gesellschaft. 216 Opfer sind polnische Priester. Sieben von ihnen wurden von Papst Johanes Paul II seliggesprochen. Obwohl so viele Jahre vergangen sind der Schmerz bleibt. Im Laufe der Geschichte hat Polen der Welt herausragende Gestalten von heiligen Männern und Frauen geschenkt.

Gemeinsam mit einer großen Zahl polnischer Opfer ruhen hier Opfer aus Deutschland, Österreich, Tschechien und anderen europäischen Ländern, die der Vorsitzende Freller genannt hat. Die Polen möchten an diesen Ort besonders erinnern und dazu beitragen, dass diese tragischen Ereignisse keinem Vergessen unterworfen werden.

Die Neugestaltung des Grabsteins ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die tragischen Ereignisse aus der Vergangenheit von uns nicht vergessen worden sind und vergessen werden. Aus dem unbedeutenden Hain, auf dessen Bedeutung jahrelang nur ein unscheinbarer Gedenkstein mit einer kleinen Inschrift, die lediglich die Zahl der Opfer nannte hingewiesen hat, sei Dank der Bemühungen der polnischen Seite „ein ehrenvoller Platz“ geworden.

Unser Ziel war es diesen Menschen eine Identität zu geben und sie aus der Anonymität zu holen und die Würde dieser Menschen wiederherstellen. Wir möchten jetzt all diesen Menschen einzeln gedenken.

Der polnische Staatssekretär Jaroslaw Sellin bedankte sich für die Unterstützung bei der deutschen Seite und erklärte, so gut wie jede polnische Familie war vom Zweiten Weltkrieg betroffen. Er selbst zum Beispiel kannte seine Großväter nicht, da sie beide im Krieg gefallen waren.

Auf dem Ehrenhain des Friedhofs am Perlacher Forst in München sind 3.996 KZ- und so genannte „Euthanasie“-Opfer aus insgesamt 17 Nationen bestattet.

Eine polnische Firma wurde beauftragt, hier eine Gedenkstätte zu bauen. Viel Information übermittelt eine Frau, die zufällig auf dem Friedhof getroffen und interviewt wurde, die das Grab ihrer Angehörigen pflegt und fügt hinzu: „die Polen waren dahinter und haben sich dafür eingesetzt, damit eine Gedenkstätte entsteht und in Erinnerung behalten bleibt“.

In der polnischen Tradition und Kultur spielt die Pflege und das Gedenken an die Toten eine sehr wichtige Rolle, da die Erinnerung an die Toten das Mitgefühl und die eigene Identität stärkt sowie eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Zukunft bildet.

Die Kränze wurden vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, dem Comité International de Dachau auch mit weiß roten Farben geschmückt, dem Generalkonsulat von Ungarn, dem Österreichischen Generalkonsulat sowie der Lagergemeinschaft Dachau und dem Erzbischöflichen Ordinariat in München sowie dem polnischen Staatssekretär Jaroslaw Sellin gelegt.

Gut, dass Herr Freller über jüdische, kommunistische Opfer und sogar die Zeugen Jehovas gesprochen hat. Schade nur, dass polnische Opfer des Nationalsozialismus gar nicht in seiner Rede erwähnt wurden. Die NS-Opfer kamen aus über 17 Nationen und mehr als die Hälfte der Getöteten die nicht vorgestellt wurden aus Polen. In diesem Land wurden die schrecklichsten deutschen Konzentrationslager wie Auschwitz, Majdanek oder KZ Stutthof gebaut, um Menschen systematisch zu töten und in denen Millionen starben. Nur die polnischen Gefangenen wurden übersehen. Es sollten die Namen aller Toten verlesen werden dann wäre es aufgefallen, dass ein Großteil von Ihnen Polnisch war.

Alles was diese Opfer verbindet ist, dass sie Europäer waren und auf eine unmenschliche Art und Weise ermordet wurden.

Mit der Exterminierung der polnischen Eliten planten die Nationalsozialisten die Vernichtung des ganzen polnischen Volkes. Am Friedhof Perlacher Forst wurden jetzt die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen geehrt.

„Ihre einst geraubten und durch Häftlingsnummern ersetzten Namen zurückzugeben, sie aus der Anonymität zu holen, an den Menschen, die bisher nicht im Gedächtnis der Stadt verankert gewesen seien, wie der Stadtrat Manuel Pretzl (CSU) als Vertreter des Oberbürgermeisters betonte, an diese Menschen möchte man mit dem Mahnmal erinnern. Er sicherte zu, dass man weiter forschen werde um auch die Namen der 24 bislang noch nicht identifizierten Toten dem Vergessen zu entreißen. Wichtig wäre es jetzt Nachforschungsarbeit zu betreiben und die Urnen mit den Überresten der polnischen Häftlinge an ihre Familien zurückzugeben, damit sie von ihren Familien geehrt werden können. Wenn jemand als Häftling unfreiwillig auf einer fremden Erde war sollte er zumindest nach seinem Tod in seine Heimat zurückkehren.

Neben Tausenden Opfern des KZ Dachau sind hier auch Mitglieder der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ begraben. Laut polnischen Quellen wurde ein Teil der Dokumente gefälscht, aber die Buchhaltungsunterlagen konnten nicht so leicht gefälscht werden und deswegen wäre es auch für die polnische Seite sehr nützlich für die weitere historische Arbeit Zugang zu den Buchhaltungsunterlagen zu gewähren um die Biografien der Opfer zu erarbeiten.

Leider erfahren die polnischen Nahkommen der Ermordeten nur per Zufall etwas über die Ruhestätte ihrer Angehörigen. Das wurde in den Gesprächen sehr oft unterstrichen. Die polnische Seite wünschte sich, dass daraus ein Projekt entsteht damit die Familien der Ermordeten in Polen darüber informiert werden und die Biografien der Verstorbenen erarbeitet werden. Die Liste der Ermordeten sollte zugänglich gemacht werden und vor allem die Familien der Opfer in Polen sollten über ihre Ruhestätte informiert werden.

Aus der Gedenkstätte Dachau nahmen leider nur zwei Volontäre an der Veranstaltung teil, die die Veranstaltung filmten. Niemand der für die Besucher oder die pädagogische Arbeit in der Gedenkstätte zuständig ist war anwesend.

Teil des Gedenkaktes waren des Weiteren Beiträge von Maria Kuzin, Angehörige eines NS-Opfers, von Priester Stanislaw Wegrzynowski, sowie von christlichen Geistlichen und jüdischen Rabiner; namentlich vertreten durch Erzpriester Nikolai Artemoff, Regionalbischof Christian Kopp, Pfarrer Rafał Nowak, Rabbiner Steven Langnas sowie Monsignore Dr. Alexander Hoffmann. Für die würdige musikalische Begleitung sorgte die Cellistin Danuta Weissbach-Ludwig. Konzept und Gestaltung der Tafeln lagen bei dem polnischen Künstler Marek Pawel Moderau aus Warschau.

Bis heute hat man den Eindruck, dass die Deutschen sich ihrer Schuld und NS-Verbrechen gegenüber Polen nicht wirklich bewusst sind. Seit langem herrschte und herrscht dazu eine moralische Blindheit der deutschen Seite. Moralische Blindheit und Gedankenlosigkeit kann dazu führen, dass Menschen sich an destruktiven oder manipulativen Machenschaften beteiligen.

Man verarbeitet in Deutschland was gut ist den Antisemitismus, Antiziganismus, und sogar Antikolonialismus, nur der Antipolonismus nimmt Aufschwung und bleibt auf dem Stand wie zuvor, dieser Meinung sind die polnischen Historiker. Niemand macht sich hier Gedanken wie man es wiedergutmachen kann nach so vielen Opfern des Überfalls Deutschlands auf Polen, was sehr traurig ist.

Leider spürt man immer noch eine Art Feindlichkeit in Deutschland gegenüber Polen und viele Menschen fragen sich warum, obwohl so viele Polen von den Deutschen in dem Konzentrationslager umgebracht wurden. Vielleicht sollte man eine institutionalisierte Antipolonismusstelle einzurichten, die für die positive Aufklärung und Zusammenarbeit Deutscher und Polen sorgt.

Die Angehörigen der Opfer kamen von Weitem um die Erinnerung weiterzutragen. Obwohl es ein feierlicher Gedenktag war fehlte ein Empfang auf den man wegen Corona oder auch anderen Gründen verzichtet hat. Schade, dass es am Ende der Veranstaltung keine Möglichkeit der Begegnung verbunden mit einer kleinen Erfrischung bei der man sich in Gesprächen frei austauschen konnte gab.

Es geht nicht nur um politische deutsch-polnische Beziehungen auf hoher Ebene, sondern es geht um eine Beziehung zwischen Nachbarn. Diese wackelige Beziehung auszubauen scheint leider für die deutsche Seite nicht von großer Bedeutung zu sein.

Der polnische Staatssekretär Jaroslaw Sellin betonte „Die Vergangenheit sollte uns Lehre und Warnung sein, damit sich Gräueltaten wie die in Dachau und anderen Konzentrationslager nie wiederholen.“ und dafür sollten wir uns in der Zukunft einsetzen, dass diese Gedenkstätte ein Ort der Begegnung und Erinnerung bleibt und damit die Erinnerung auch in der Zukunft bestehen bleibt.

Polen als Land in der Mitte Europas, setzte sich im Zweiten Weltkrieg nicht nur für die Selbstverteidigung, sondern auch für die Verteidigung der europäischen Kultur und der europäischen Werte, die durch totalitäre Ideologien (Dritter Reich und die Sowjet Union) in Gefahr gerieten ein. Das wird leider oft zu wenig anerkannt, deswegen braucht die deutsch-polnische Beziehung neue Impulse.

Vor allem ist es wichtig die Jugend dafür zu sensibilisieren und daran aufmerksam zu machen, dass es solche Orte wie den Ehrenhain gibt, damit das Gedenken daran wach und erhalten bleibt.

Nach der Festlichkeit konnte man noch einen kurzen Weg zu den Gräbern der Geschwister Scholl und anderer Mitglieder der Weißen Rose gehen, die hier in einem schlichten Grab beerdigt sind.

Nun ruhten Opfer und Widerständler an einem Friedhof und ein historisches Treffen geht zu Ende.

Quellen: Rede von Direktor Karl Freller

Rede von den polnischen Staatsminister Jaroslaw Sellin

Polskie Radio, Artikel vom 02.06.2021, unbewusster Antipolonismus

https://www.polskieradio.pl/400/7986/Artykul/2746027,Unbewusster-Antipolonismus

„Kreuz besiegt das Hackenkreuz – Aktion Intelligenz“ – ein Film von Hanna Etemadi – TVP Polska

https://vod.tvp.pl/video/krzyz-ponad-swastyka,krzyz-ponad-swastyka,54374139

Justyna Autor